von Michael Nagler
Über das Wochenende hat uns die schockierende Nachricht vom Attentatsversuch auf den ehemaligen US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump erreicht. Uns fehlen die Worte.
Ein Attentat stellt die Demokratie in Frage. Nein, ein Attentat stellt die Menschlichkeit in Frage. Dies war leider kein alleinstehender politischer oder anderweitiger Gewaltakt in unserem Land. Wir können nicht einfach weitermachen wie bisher. Hier sind unsere Empfehlungen:
Bemüht euch nicht darum, Zeit mit den Details dieses Vorfalls zu verschwenden, so faszinierend sie auch sein mögen: das Kaliber der Waffe, die Effizienz des Geheimdienstes, sogar das „Motiv“ des Schützen – der ohnehin nicht mehr ist. Bei dieser unserer Plage steckt der Teufel nicht im Detail, sondern in der uns überschattenden Gegenwärtigkeit der Gewalt. Wir haben zugelassen, dass unsere Kultur von Gewalt geprägt ist, und das müssen wir rückgängig machen. Aber wie?
Es steht außer Frage, dass Werbung für Gewalt, wie wir sie seit Jahrzehnten in den Medien betreiben, das Gespür der Menschen für den Wert des Lebens verringert (eine Tragödie für die menschliche Seele, bevor es überhaupt zu physischer Gewalt kommt) und Gewalt begünstigt. Dies sind wissenschaftlich erwiesene Erkenntnisse, gepaart mit der lauten Stimme unseres gesunden Menschenverstands. Ich beziehe mich hier in erster Linie auf reine Gewalt als „Unterhaltung“, was hätte gestoppt werden können, bevor die sozialen Medien den Großteil des Unterhaltungsangebots der Kontrolle einer einzelnen Behörde entzogen.
Was wir jetzt tun können, ist
(1) Kinder und Jugendliche über die gefährlichen Folgen des Konsums von Gewaltinhalten aufzuklären und
(2) ihnen eine Alternative anzubieten: Menschen handeln Minute für Minute in Freundlichkeit und Großzügigkeit. Erheben wir dies zum Normalen, zu einer normalisierenden Chronik täglicher („Nachrichten“) und vergangener Ereignisse („Geschichte“)!
- Vier Tote bei Familienmassaker, Kleinkind in kritischem Zustand, Verhaftung.
- Mann nach Vergewaltigung einer geschäftsunfähigen Frau verhaftet.
- Juweliergeschäft von bewaffneten Räubern überfallen, fast 500.000 Dollar an Schmuck erbeutet.
Das sind die Schlagzeilen, die wir wahllos aus einem lokalen Nachrichtenbericht entnommen haben. Ist das wirklich alles, was heute in unserer Stadt passiert ist?
Ja, es gibt ein paar Anbieter „guter Nachrichten“, die in kleinen, spezialisierten Kreisen kritischer Leser*innen viel Gutes tun. Doch diese müssen wir zum Motor unserer Gesellschaft machen.
Auf lange Sicht sollte der Einsatz von „formaler“ (gesetzlich begründeter, Anmerkung der Redaktion) Gewalt als Mittel zur Kriminalitätsbekämpfung überdacht werden. Wir brauchen sie nicht mehr. Die Mittel und Verfahren der wiedergutmachenden Gerechtigkeit („Restorative Justice“) sind weit entwickelt, werden aber nur wenig genutzt. In Ländern wie Neuseeland und Finnland sind sie zur Norm geworden. Und sie sind im Umgang mit Kriminalität weitaus erfolgreicher als der Vergeltungsmodus.
Ich tue nicht den zeitlich und logisch naheliegenden Schritt, über nationale Sicherheit zu sprechen. Die Friedensforschung ist eine neue und äußerst produktive Wissenschaft. Jede*r kann sich informieren.
Die Erwähnung der Wissenschaft bringt auch den wunderbaren Wandel mit sich, der sich in allen Bereichen der Natur- und Lebenswissenschaften vollzieht, weg vom darwinistisch-freudianischen Erbe angeblich angeborener Gewalt hin zu einer zuträglicheren Sichtweise der menschlichen Natur und des menschlichen Schicksals. Auch hier handelt es sich um einen bloßen Anfang, der anerkannt und weiterentwickelt werden muss.
Dies sind Ansatzpunkte für jeden von uns, eine bessere, sicherere Welt zu schaffen.
Metta Center for Nonviolence (Das Metta-Zentrum für Gewaltfreiheit)
13. Juli 2024