Katholisches Institut für Gewaltfreiheit in Rom gegründet

In Rom hat „Pax Christi International“ das Katholische Institut für Gewaltfreiheit gegründet: ein Aufbruch, um gewaltfreies Handeln in der Katholischen Kirche zu verankern?
Das Titelbild zeigt das Logo des neuen Katholischen Instituts für Gewaltfreiheit.
Das Logo des neuen Katholischen Instituts für Gewaltfreiheit (Screenshot von https://paxchristi.net/catholic-institute-for-nonviolences-inaugural-event/)

Von der Redaktion zusammengestellt aus verschiedenen Medienbeiträgen

Die Kardinäle Charles Maung Bo, Myanmar, und Robert McElroy, USA, haben am 29. September 2024 in Rom das Katholische Institut für Gewaltfreiheit eröffnet. An der Zeremonie nahmen auch die kenianische Ordensschwester und Friedensaktivistin Teresia Wachira und die bekannte Friedensforscherin Maria Stephan teil.  

Bei dem Institut handelt es sich um ein Projekt der katholischen Friedensorganisation Pax Christi International. Es soll Führungspersönlichkeiten aus der katholischen Kirche sowie kirchlichen Gemeinden und Einrichtungen die Forschung, die Ressourcen und die Erfahrung im Zusammenhang mit Gewaltfreiheit näherbringen und zugänglicher machen.

„Das Institut wird uns helfen, die Gewaltfreiheit Jesu wiederzuentdecken. Es verbindet die Weisheit theologischer Reflexionen, praktische Strategien für den Umgang mit Gewalt und die Erfahrungen marginalisierter Gruppen, die diesen radikalen Aufruf zum Frieden verkörpern“, sagte Kardinal Charles Maung Bo bei der Eröffnung des Katholischen Instituts für Gewaltfreiheit. Der Bischof von San Diego, Kardinal McElroy ergänzte: „Gerade jetzt ist es notwendig, den Stellenwert der Gewaltfreiheit in der katholischen Lehre über Krieg und Frieden zu erneuern und ihm eine größere Bedeutung zuzusprechen.“

Das Versagen der Lehre vom "gerechten Krieg"

Im Kern zielt das neue Institut darauf ab, ein tiefergehendes Verständnis der Gewaltfreiheit des Evangeliums in der katholischen Kirche zu verankern und zu praktizieren. Die Tätigkeiten des Instituts werden größtenteils im virtuellen Raum stattfinden, allerdings wird auch eine kleine Vertretung in Rom eingerichtet. Kardinal McElroy argumentiert, dass die Lehre vom „gerechten Krieg“ versagt habe. Gewaltsame Konflikte könnten so nicht verhindert, geschweige denn der Weg zu einem Frieden geebnet werden. Die Kirche sei herausgefordert, ihre moralische Haltung zu überdenken, die Krieg in extremen Fällen zulässt. In diesem Zusammenhang fügt Kardinal Bo hinzu, dass das Katholische Institut für Gewaltfreiheit eine wichtige Rolle dabei spielen werde, „der Kirche zu helfen, die wahre Bedeutung der vom Evangelium geprägten Gewaltfreiheit zu verinnerlichen“.

Ein 21-köpfiger Beirat, dem gewaltfreie Aktivist*innen, Friedensforscher*innen und Verantwortliche der Kirche angehören, unterstützt die Arbeit des Instituts. Neben den bereits genannten Protagonist*innen der Eröffnungszeremonie gehören u.a. Maria Clara Bingemer (feministische Theologin aus Brasilien), Erica Chenoweth (mit Maria Stephan Autorin der Studie „Why Civil Resistance Works“ 2011), Hardy Merriman (Präsident des International Center on Nonviolent Conflict, ICNC), Mairead Corrigan Maguire (nordirische Friedensnobelpreisträgerin) und Kardinal Alvaro Ramazzini (Bischof von Huehuetenango, Guatemala) dem Beirat an. Dessen Empfehlungen werden vom Vorstand des Instituts entgegengenommen, der die Leitung des Tagesgeschäfts übernimmt.

Im Vorstand sitzen Ken Butigan, Marie Dennis, Eli McCarthy, Jasmin Nario Galace, Nicolás Paz, Martha Inés Romero, Sheila Kinsey und Teresia Wamuyu Wachira. 

Das Bild zeigt die Eröffnungsveranstaltung des Katholischen Instituts für Gewaltfreiheit am 29. September 2024 in Rom.
Referent*innen bei der Eröffnungsverastaltung des Katholischen Instituts für Gewaltfreiheit in Rom, 29.09.2024 von links nach rechts: Dr. Maria Stephan, Kardinal Bo aus Rangun, Myanmar, Kardinal McElroy aus San Diego und Sr. Teresia Wachira, Ordensschwester aus Kenia. (Foto: Catholic Nonviolence Initiative)

Die Stimmen der praktischen Gewaltfreiheit und der Friedensforschung

Sr. Teresia Wachira, die sich in Kenia seit Jahren für die Verbreitung einer Friedenskultur einsetzt, hob die Rolle des Instituts bei der Förderung verschiedener gewaltfreier Ansätze zur Friedenskonsolidierung hervor: „Ein Aspekt, auf den wir uns konzentrieren, ist der Friedensjournalismus, denn wir haben gesehen, wie die Medien Konflikte manchmal eskalieren können. Die Medien sollten beide Seiten darstellen und nach Möglichkeiten suchen, Gemeinschaften zusammenzubringen und ihnen dabei zu helfen, einen Punkt zu erreichen, an dem sie zur Vermittlung bereit sind.“

Dr. Maria Stephan, ehemalige Direktorin des Schwerpunktprogramms  Gewaltfreie Aktion am Friedensinstitut der Vereinigten Staaten (United States Institute of Peace), stellte Erkenntnisse aus ihrer Forschung vor und betonte die Wirksamkeit gewaltfreier Proteste bei der Bewältigung sozialer Konflikte. „Unsere Forschung zeigt, dass soziale Bewegungen eher Erfolg haben, wenn sie die gewaltfreie Disziplin aufrechterhalten – auch bei starker Repression – und wenn sie kreativ zwischen punktuellen Methoden (wie Sit-ins und Demonstrationen) und breitgefächerten Methoden (wie Boykotten) wechseln. Außerdem sind die strategische Planung und eine dezentrale Führung besonders wichtig.“

Drei Arbeitsschwerpunkte des Instituts

Das neue Katholische Institut soll insbesondere die partizipative Forschung zu Gewaltfreiheit fördern und definiert dafür drei Arbeitsschwerpunkte.  

Der Schwerpunkt „Die Gewaltfreiheit des Evangeliums“ konzentriert sich auf die Erarbeitung eines neuen ethischen Bezugsrahmens der „aktiven Gewaltfreiheit und des gerechten Friedens“ für das kirchliche Leben, die katholische Kirche und alle ihre Arbeitsbereiche. In diesem Zusammenhang wird die Gewaltfreiheit des Evangeliums als eine Lebensweise und eine Methode für gesellschaftlichen Wandel untersucht – in Auseinandersetzung mit der christlichen Theologie und dem Dialog mit anderen Weltreligionen.

Der Schwerpunkt „Strategische Gewaltfreiheit“ geht der Frage nach, wie gewaltfreie Aktionen als eine Alternative zu Gewalt und Passivität Probleme und Herausforderungen der heutigen Zeit bewältigen können. Insbesondere geht es darum, ein besseres Verständnis der Wirksamkeit gewaltfreier Strategien und entsprechender Modelle, Dynamiken und Praktiken zu entwickeln.

Der Schwerpunkt „Kontextspezifische Erfahrungen der Gewaltfreiheit“ beschäftigt sich schließlich mit konkreten Fallbeispielen und den gelebten Erfahrungen gewaltfreier Praxis weltweit, vor allem in marginalisierten Bevölkerungsgruppen.

Zum Abschluss der Einweihung sprach die Generalsekretärin von Pax Christi International, Martha Inés Romero, über die zunehmende globale Gewalt und die entscheidende Rolle des neuen Instituts bei der Bewältigung der damit zusammenhängenden Probleme. „Es gibt bereits einen umfangreichen Bestand an Wissen, Forschung und Erfahrung im Bereich der Gewaltfreiheit. Das Institut möchte diese Arbeit erweitern und sie der Kirche zugänglicher machen.”

Im Anschluss an Romeros Ausführungen erklärte Marie Dennis, die leitende Direktorin der Katholischen Initiative für Gewaltfreiheit: „Im Rahmen des synodalen Prozesses diskutiert die katholische Kirche weltweit über Gewaltfreiheit als aktive Praxis der Gläubigen. Die Gründung des Katholischen Instituts für Gewaltfreiheit in Rom wird dieses Gespräch jetzt und nach Abschluss der Synode fortsetzen.“

Erste Seminarreihe zu den Arbeitsschwerpunkten im Oktober 2024

Im Oktober hat das Institut zur Feier der Eröffnung eine Reihe von Seminaren zu Gewaltfreiheit, gewaltfreier Verteidigung und Konfliktbearbeitung ausgerichtet, an denen neben den oben erwähnten Personen aus dem Beirat und Vorstand weitere bekannte Persönlichkeit mitwirkten, z.B. der mexikanische Theoretiker und Praktiker der Gewaltfreiheit, Pietro Ameglio.

Damit ist ein erster Schritt gesetzt, um das Thema Gewaltfreiheit in der Katholischen Kirche institutionell zu verankern und das Wissen und die Erfahrungen über die Wirksamkeit gewaltfreien Handelns zugänglich zu machen.

Zur Bedeutung des Katholischen Instituts für Gewaltfreiheit in Rom und über Gewaltfreiheit als Lebenshaltung empfehlen wir als Redaktion von gewaltfreie aktion das Gespräch mit dem katholischen Sozialethiker Wolfgang Palaver.

Zu den Autor*innen der genutzten Quellen

Die Redaktion hat den Text aus verschiedenen Quellen zusammengestellt:

Zenit ist eine katholische gemeinnützige internationale Nachrichtenagentur, die aus angestellten und ehrenamtlich tätigen Journalist*innen besteht, die die Botschaft des Papstes und der Katholische Kirche verbreiten wollen. https://www.zenit.org

Kate Quiñonez ist Mitarbeiterin der Catholic News Agency (CNA), schreibt für katholische Zeitschriften, aber auch für das Wall Street Journal. Sie lebt in Colorado, USA.

Pax Christi Italien war federführend an der Gründung des Instituts in Rom beteiligt und hat die Gründungsveranstaltung aktiv beworben und darüber berichtet. Pax Christi International hat eine ausführliche Website über das Institut.

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